Eingeführt von Adriana Rey
Das Problem, das die Ehe der Eltern und damit auch die Kindheit der Ich-Erzählerin
Ela prägt, ist simpel – zumindest, wenn man Elas Vater glaubt: Die Mutter ist zu
dick. In diesem apodiktischen Urteil liegt Vaters Rechtfertigung, seine Frau ständig
zu drangsalieren, und zugleich die Erklärung für alles, was in seinem eigenen
Leben misslingt. Ela ist der Situation ausgeliefert, schwankt zwischen Liebe für die
Mutter, einer durchaus starken und bewundernswerten Frau, und der Übernahme
des kritischen Blicks des Vaters. Reflektieren und einordnen kann das alles erst die
erwachsene, soziologisch und feministisch geschulte Tochter, die der kindlichen
Erzählstimme in kurzen Zwischenkapiteln zur Seite gestellt wird.
Daniela Dröscher setzt in dieser «in vielerlei Hinsicht absolut fiktive[n] Geschichte»
der Mutter ein literarisches Denkmal und lässt ihre Leser:innen über patriarchale
Strukturen, gesellschaftliche Zuschreibungen und Schönheitsideale nachdenken.
Daniela Dröscher, geboren 1977, aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, lebt in Berlin.
Sie wurde unter anderem mit dem Anna-Seghers-Preis, dem Arbeitsstipendium des
Deutschen Literaturfonds sowie dem Robert-Gernhardt-Preis ausgezeichnet. «Lügen
über meine Mutter», ihr dritter Roman, stand 2022 auf der Shortlist des Deutschen
Buchpreises.
08.04.2024
19.30 Uhr
Coalmine Café, Turnerstrasse 1, 8401 Winterthur
Tickets CHF 20.- / CHF 10.- mit Legi oder Kultur-Legi / gratis für Mitglieder