Ariane Koch – Die Aufdrängung

Eingeführt von Lisa Briner

Als sie den Gast mit seinen Koffern in der Kleinstadt auftauchen sieht, lädt ihn die Ich-Erzählerin in Ariane Kochs Roman zu sich ein. Ohnehin bewohnt sie nur neun Zimmer ihres viel zu grossen Hauses, da kann er das zehnte haben. Zumindest solange er sich an die Regeln hält, die sie ihm auferlegt. Doch bald schon entwickelt der Gast ein Eigenleben, erledigt seine Botengänge nicht mehr, feiert mit Freunden Partys im Haus. Die Erzählerin ist gezwungen, die Regeln in einem Kodex niederzuschreiben, der nie fertig wird – wie auch der Gast und die Gastgeberin nie miteinander fertig werden: Sie belauern, bedrängen und beglücken einander, ohne je feste Konturen anzunehmen. Bis der Gast eines Tages abreist.

Wie ein Traum, dessen Sog man sich nicht entziehen kann, liest sich der Debütroman der jungen Basler Theaterautorin Ariane Koch. In präzise komponierten Miniaturen entfaltet sie eigenständige, ebenso rätselhafte wie faszinierende Bilder, die von fern an Kafka erinnern.

Ariane Koch, geboren 1988, studierte bildende Kunst und Interdisziplinarität. Sie schreibt Theatertexte, Hörspiele und Prosa, oft zusammen mit anderen Theater- und Kunstschaffenden. «Die Aufdrängung» wurde mit dem «aspekte»-Literaturpreis als bestes deutschsprachiges Prosadebüt 2021 ausgezeichnet.

23.5.2022

19.30 Uhr

Coalmine Café, Turnerstrasse 1, 8401 Winterthur

Julia Weber – Die Vermengung

Eingeführt von Ruth Loosli

Julia Weber arbeitet an ihrem zweiten Roman, als sie schwanger wird. Ein zweites Kind? Wie wird ihr Leben sein? Woher Kraft und Zeit nehmen für zwei Kinder und das Schreiben? In der Angst, dass das Leben und seine Forderungen ihre Kunst auffressen könnten, beginnt die Schriftstellerin schreibend ein Gespräch mit ihren Romanfiguren. Der Alltag drängt sich in die Kunst, sie protokolliert Gespräche mit ihrem Mann H., der ebenfalls Autor ist, sammelt Briefe, Nachrichten an ihre Mutter, an eine Freundin. Erinnerungen an das eigene Kindsein tauchen auf; es gibt eine «Vermengung» von all dem, was ist und werden will. Das Schreiben ist Dagegenhalten gegen Traurigkeit und Angst – und immer wieder die Verwandlung des Lebens in Literatur, Bewusstheit, Glück. Da leuchtet eine hochpoetische Sprache auf im Ringen um Berufung und Anforderung in einer Gesellschaft, die komplexer nicht sein könnte.

Julia Weber wird 1983 in Moshi (Tansania) geboren. 1985 kehrt sie mit ihrer Familie nach Zürich zurück. Studium Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. 2017 erscheint ihr erster Roman «Immer ist alles schön», der vielfach nominiert und ausgezeichnet wird, u.a. stand er auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises 2017. Julia Weber schreibt Kolumnen und Geschichten für Zeitung und Radio und arbeitet schon an ihrem nächsten Romanprojekt.

13.6.2022

19.30 Uhr

Coalmine Café, Turnerstrasse 1, 8401 Winterthur